Weiße Pracht und große Pläne

45-minütige Dokumentation für den MDR

Vor 100 Jahren erlebt Oberhof die Geburt des deutschen Wintersports. Hoteldirektoren, Baulöwen und Kurärzte entdecken den Sport als Geldbringer. Der Adel vertreibt sich die Zeit an den Bob- und Schlittenbahnen. Das Bergbauerndorf sieht innerhalb weniger Jahre aus wie St. Moritz. Damit beginnt ein atemberaubendes Jahrhundert, das seinen Höhepunkt in Walter Ulbrichts Vision von einem exklusiven Wintersportort in einer Republik „ohne realen Alpenzugang“ findet.

Als in den 60ern und 70ern neue Schanzen, eine sündteure Kunsteisbahn, nicht zuletzt mit dem Interhotel Panorama das erste Haus der Republik entsteht, vollendet die DDR im Volkseigentum, was den Ort über Jahrzehnte prägte: ein Ort, den die Mächtigen, die Eitlen, die Funktionäre und Privatiers beherrschen. Hier fährt Kronprinz Wilhelm von Preußen Bob, verbessert der letzte russische Prinz Kyrill sein Handicap, macht Joseph Goebbels Urlaub, residieren Ufa-Stars im Golfhotel. Es ist diese Mischung aus großen Wettkämpfen, heißen Vergnügungen und gesellschaftlichen Treffs, die den Ort für die Eliten unwiderstehlich macht – in der Kaiserzeit, in den goldenen 20ern, im Dritten Reich. Hier entsteht auch Ulbrichts „St. Moritz der DDR“: 1964 sein eigenes Gästehaus, 1967 das Panorama, 1969 die Kunsteisbahn. Die Menschen, die in über 800 Metern Höhe den Novembernebeln, kühlen Sommern, den Schneemassen und dem Tauwetter trotzen, sind hier, weil sie Geld und Karriere machen, als Trainer oder Barmann, Olympiasieger oder Gourmetkoch.

Der Film erzählt in Archivaufnahmen und Augenzeugenberichten die weitgehend unbekannte Geschichte hinter der platten Sportfassade Oberhofs. Wochenschauen und historische Dokumentationen machen den Ort lebendig, Interviews mit Historikern, Funktionären, Hoteldirektoren und Sportlern zeichnen die spannende Geschichte des Ortes nach, dessen Schicksal das gesellschaftliche und politische Establishment des letzten Jahrhunderts bestimmte.

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Buch: Anna Schmidt, Dirk Schneider
Regie: Anna Schmidt, Dirk Schneider
Kamera: Robert, Michael von Loeper
Schnitt: Mario Biehl